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An allem ist zu zweifeln: Der Mauerfall 1989

Autor: Michael Wolski

Dipl. oec. Michael Wolski (AW 70/4) erklärt, warum schon acht Wochen nach dem 9. November 1989 seine Zweifel an der Erzählung von den Bürgerrechtlern als Urheber des Mauerfalls begannen.

Im Spätsommer 1985 hatte ich mit dem Leiter der Kaderabteilung der Transinter GmbH (ein Unternehmen des Bereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo) von Schalck-Golodkowski) ein Gespräch. Er suchte für das Internationale Handelszentrum (IHZ) einen „kommerziellen Mitarbeiter“ um in der Arbeitnehmerüberlassung dem Büro eines US-Konzerns einen praxiserfahrenen Außenhändler zur Verfügung zu stellen. 1986 gab es etwa 25 dieser kommerziellen Mitarbeiter in den Firmenbüros. Die Westfirmen hätten auch Westberliner oder andere Ausländer einstellen können, viele machten aber ganz bewusst vom Alleinstellungsmerkmal des IHZ-Personals Gebrauch: Zugang zu den Entscheidungsträgern.

Ich hatte als Absolvent von AW70/4 im Außenhandel angefangen und war dann über mehrere Stationen als Lizenzbeauftragter eines Institutes der Bauakademie an der Lizenzvergabe eines Schwerlast-Transportsystems an Firmen in Japan (zum Bau des Flughafens Osaka) und der UdSSR maßgeblich beteiligt. 1985 suchte ich eine neue Herausforderung.
Nachdem auch die anderen zuständigen Organe (wie es damals in der DDR hieß) und die Firmenzentrale in den USA meiner Bewerbung zugestimmt hatten, begann ich im April 1986 als Sales Representative im Berliner Büro der 3M (East) AG Zug (CH), der Osteuropa-Tochter des Konzerns.
Zu meinen Aufgaben gehörte Produktmarketing, Messen, Produktzulassungen (wie bspw. lichthärtende Zahnfüllmaterialien), Verhandlungen mit Industrie und Außenhandel, aber auch mit den DDR-Vertretergesellschaften in der Schweiz, Westberlin und in der Hauptstadt. Das Büro wurde von einem Schweizer geleitet, der alle zwei Wochen nach Berlin kam und mir und meinen zwei anderen DDR-Kollegen Aufgaben übertrug bzw. die Erfüllung kontrollierte.
Weiterhin hatte ich den Transfer von Besuchern durchzuführen, die am Flughafen Tegel ankamen und dann ins IHZ bzw. zu Verhandlungen mit Industrie und Außenhandel fuhren. Ein weiteres Arbeitsgebiet war die Suche und Entwicklung von Gegengeschäften, da durch diese Exporte Devisen generiert wurden. Damit konnten Lieferungen der Firma in die DDR gesteigert werden, war doch ein Teil der zusätzlich erzielten DDR-Exporterlöse an Importe von 3M gebunden.

Den Mauerfall erlebte ich in Berlin und war – wie alle – ratlos. Mitte Dezember 1989 kam der Schweizer CEO nach Berlin und erteilte mir den Auftrag, die Gründung einer Vertriebsgesellschaft einzuleiten – gleichzeitig wie meine Kollegen in den Büros von Warschau, Prag und Budapest.
In der 2. Januarwoche 1990 – also 8 Wochen nach dem Mauerfall – kam dann die Mitteilung aus der US-Konzernzentrale: Alle Aktivitäten einstellen, es wird keine DDR mehr geben.

Gorbatschows Berater Portugalow gab in einem Interview am Mittwoch, dem 24. Januar1990, in der BILD-Zeitung den Auftakt für den Beginn der öffentlichen Diskussion der deutschen Einheit. Sein Credo: Die Sowjetunion hat nichts gegen die deutsche Einheit, sie wird nicht intervenieren.
Die noch ergebnisoffene politische Diskussion um eine Vereinigung beider deutscher Staaten hatte am 24. Januar 1990 offiziell erst begonnen und wir hatten in unserem Büro jedoch schon zwei Wochen vorher erfahren, dass es keine DDR mehr geben wird!
Nach den Volkskammerwahlen im März 1990 wurden die politischen Weichen in Richtung „Ende der DDR und Anschluss an die BRD“ gestellt. Zum 1. Juli 1990 kam die Währungsunion. Da war das DDR-Business schon in die bundesdeutsche Tochtergesellschaft integriert.

Ende 1990 wurde ich zum Leiter der neuen Repräsentanz der 3M Corp. in Moskau berufen und arbeitete dann bis 1997 in Russland. Als ich im sowjetischen Außenhandelsministerium im April 1991 (wiederum nach Bestätigung durch die zuständigen Organe beidseits des Ozeans) als Repräsentanz-Leiter akkreditiert wurde, musste ich meinen Reisepass zur Identifikation vorlegen. Ich zeigte dem Protokollchef meinen DDR-Reisepass und er fragte mich höchst indigniert: „Wie kommen Sie als DDR-Bürger dazu, einen US-Konzern zu vertreten?“ Meine Antwort: „Weil Präsident Gorbatschow uns verkauft hat.“

Und seither grübelte ich: Wann und wie waren die Amerikaner von den Sowjets über die wahren Ziele der Perestrojka informiert worden?
Ferdinand Kroh, der sich speziell mit diesem Thema beschäftigte, resümierte:
„Diese Kooperation zwischen CIA und KGB, zu einer Zeit, als die Menschheit dachte, dies seien zwei zutiefst verfeindete Geheimdienste, war wohl wesentlich für den friedlichen Zusammenbruch der Sowjetunion.“ *

*Dieses Zitat ist dem Buch von Michael „1989 Mauerfall Berlin – Zufall oder Planung?“ entnommen, das 2020 bei Amazon erschien. (Näheres auf der Webseite: https://www.1989mauerfall.berlin)