Autor: Marek Strasz
Dipl. oec. Marek Strasz (AW 72/4) hat während seines Studiums an der HfÖ viel Spaß gehabt. Danach hat er die Welt bereist und sich mit seiner Künstleragentur in der Musikwelt einen Namen gemacht. Rechtzeitig zu unserem Treffen im Oktober wird er Opa.
Es war eigentlich ein Zufall, dass ich in Berlin studiert habe. Ich verdanke es meinem Vater, der um 1970 als Mitarbeiter der polnischen Handelsvertretung nach Berlin delegiert wurde. Als ich kam, sprach ich kaum Deutsch. Trotzdem hat man sich entschieden, mich sofort aufzunehmen und mich nicht für ein Jahr zum Deutschunterricht nach Leipzig zu schicken. Dank der Hilfe von meinen deutschen Kommilitonen (u. a. hat man für mich alle Vorlesungen mit Blaupapier kopiert) waren die ersten Monate gar nicht zu schwer. Ich nahm fünfmal in der Woche am hervorragend geführten zusätzlichen Deutschunterricht teil. Nach dem ersten Semester wurde ich zwar von den Prüfungen befreit, die ich aber schon nach dem zweiten nachholen musste.
Ich war nie ein zu fleißiger Student, aber kein schlechter. Eine Drei war für mich genug. Alle Prüfungen habe ich problemlos und termingerecht bestanden, obwohl ich nicht von allen Fächern begeistert war. Zu viel Theorie, zu viel Marxismus-Leninismus. Ich habe eigentlich nur studiert, um das Abschlusszeugnis zu bekommen.
Aber die Studienzeit an der HfÖ hat mir vier Jahre lang immer Spaß gemacht. Am besten erinnere ich mich an viel Sport – obligatorisch, fakultativ oder ganz privat auf dem Rasen vor dem Studentenheim. Ich glaube, ich habe gut mit den deutschen Kommilitonen in der Gruppe zusammen gelebt, mit einigen besser, mit einigen weniger, aber am besten mit Jürgen Felker und Andreas Seidel, mit denen ich einige Zeit das Zimmer im Studentenheim teilte.
Wie gesagt – ich war kein Streber. Einige meiner deutschen Kommilitonen sahen es und wollten mich zu mehr Selbststudium animieren. Man bat mich, öfter die HfÖ-Bibliothek zu besuchen. Ich tat es. Aber…ich lieh jedes Mal mehrere dicke und langweilige ML- und Fachbücher aus und baute daraus so etwas wie eine halbkreisförmige Festung, in deren Mitte ich ein für mich viel interessanteres und für andere unsichtbares Buch, meistens einen Krimi, legte. Und so angenehm verbrachte ich jedes Mal ein paar nette Stündchen.
Nach dem Studium in Berlin habe ich noch zwei Jahre Journalistik an der Warschauer Uni studiert, obwohl ich nie beabsichtigte, ein Journalist zu werden. Ich wollte nur meine Studienzeit verlängern und diese Zeit für meine Passion – Reisen – ausnutzen. Ich begleitete damals als Reiseleiter zahlreiche Jugendgruppen in Polen und im Ausland. Meine erste Arbeit in der Künstleragentur des Polnischen Rundfunks und Fernsehens entsprach ganz meiner Reiseliebe, und während ca. 10 Jahren habe ich ganz Europa kreuz und quer bereist. In der Agentur war ich für die Organisation der Auslandgastspiele von polnischen Rundfunkorchestern verantwortlich, die ich dann auf Reisen begleitete.
1982 wurde ich fristlos wegen der Aktivität in der freien Gewerkschaft Solidarność entlassen. In den dann schon im freien Polen veröffentlichten Publikationen fand ich die Begründung dieser Entscheidung – man nannte mich „einen zur Arbeit im Polnischen Rundfunk und Fernsehen nicht geeigneten Extremisten“
Dann war ich einige Monate arbeitslos und beschäftigte mich mit Bücherübersetzungen vom Deutschen ins Polnische. Aber das war nicht meine Berufung… Dank der Hilfe von befreundeten Künstlern wurde ich in der staatlichen Künstleragentur Pagart angestellt, wo ich wieder an Gastspielen von polnischen Philharmonien und Opernhäusern arbeitete. Nach der Aufhebung des Kriegszustands konnte ich erneut ins Ausland reisen, also das tun, was mir damals am besten Spaß machte.
Ein paar Mal besuchte ich auch Berlin. Auch am Tag der Wiedervereinigung, an dem ein Gastspiel der Staatsoper Poznań in der Staatsoper mit der modernen Oper von Krzysztof Penderecki „Die schwarze Maske“ geplant war. Ein paar Tage früher gastierten wir mit dieser Aufführung in der Semperoper in Dresden. Die Vorstellung war ausverkauft und vom Publikum sehr umjubelt. In Berlin war sie auch ausverkauft, aber verständlicherweise kaum besucht. Die Berliner hatten an diesem Tag etwas anderes zu tun… Leider habe ich persönlich nicht viel von der Stimmung miterlebt, da ich wegen der zahlreichen Pflichten den ganzen Tag lang das Theater kaum verlassen konnte.
1990 wurde ich stellvertretender Direktor von Pagart und dann ab 1992 selbstständig. Ich gründete damals meine eigene Agentur. Es ist ein Einmannbetrieb, da ich immer ein Einzelgänger war. Ich habe mit Auslandsgastspielen angefangen, aber mit der Zeit habe ich mich immer mehr auf den polnischen Markt konzentriert. Der Grund dafür war die Gründung der Familie, die von mir verlangte, nicht mehr auf lange Reisen zu gehen. Und so ist es bis heute. Ich bin zwar pensioniert, arbeite aber weiter, obwohl ich meine Aktivitäten teilweise reduzierte. Ich habe seit über 20 Jahren zwei große internationale Festivals in Südpolen unter meiner Obhut und seit 1995 bin ich Manager vom großen polnisch-amerikanischen Jazz-Pianisten Adam Makowicz, der in New York lebt und für den ich jeden Herbst eine größere Konzerttournee organisiere. In letzter Zeit ist es wegen Corona leider oft nur in den Medien und ohne Publikum… Mehr darüber findet man auf meiner Webseite: www.adammakowicz.pl.
Seit 30 Jahren bin ich mit Jolanta verheiratet und habe zwei Töchter – Klara und Laura (wie bei Robert Lewandowski, aber ich war zuerst!). Und im Juni werde ich Opa!