Autorin: Undine Nitzsche
Prof. Dr. sc. Undine Nitzsche (Jahrgang 1936) wurde 1954 an der Hochschule für Planökonomie immatrikuliert und hat während des Studiums ihren Mann Dipl. oec. Claus Nitzsche (Jahrgang 1934) kennen gelernt und 1958 geheiratet. Sie berichtet über die Freundschaft zu den Ehepaaren Prof. Dr. sc. Erika Maier (Jahrgang 1936) und Prof. Dr. sc. Wilfried Maier (Jahrgang 1932) sowie Dipl. oec. Helga Schade (Jahrgang 1934) und Dr. Günter Schade (Jahrgang 1934), die in den gemeinsamen Studienzeiten an der HfÖ begann und bis heute fortbesteht. Sie lasst uns teilhaben an den Lebenswegen der drei Ehepaare (Maiers haben 1958 und Schades 1955 geheiratet): von den qualvollen Kriegs- und Nachkriegszeiten, vom Leben in der DDR (in dem die HfÖ eine wesentliche Rolle spielt) und den Jahren danach.
Es ist ein glücklicher Zufall, dass die drei Paare Schade, Maier und Nitzsche zugleich von ihrer Studienzeit an bis heute fest verbunden und der Kern eines beachtlich großen Freundeskreises sind. Die ersten Freundschaften knüpfen Erika Maier und Undine Nitzsche während einer Tournee des Kulturensembles der Hochschule in Eggesin und binden ihre Geliebten mit ein. Das zweite Freundschaftsband knüpfen Günter und Helga Schade mit Undine Nitzsche eingeschlossen der Doktorvater Rudi Brauer.
Wir verstehen uns sofort sehr gut, denn unsere bisher prägenden Lebenserfahrungen sind nahezu identisch. Die Kindheit in Nazideutschland ist geprägt vom anfänglichen Siegestaumel der deutschen Herrenrasse und den darauf folgenden Todesängsten der Bombennächte. Brennende Städte, menschliche Phosphorfackeln und qualmende Leichenberge erleben Helga Schade, Klaus und Undine Nitzsche in Leipzig und Günter Schade und Erika Maier in Dresden. Wir durchleiden Obdachlosigkeit, bitterste Kälte und entsetzlichen Hunger. Unser Leben schwebt lange Zeit an einer Auslöschungsgrenze entlang. Mit den zarten Kinderhänden helfen wir die Straßen aus dem Trümmerschutt frei zu putzen, Ziegelsteine raus zu klauben, abzuklopfen und aufzustapeln. Wir gehören tatsächlich zur Aufbaugeneration.
Die soziale Lage in der Nachkriegszeit ist bei uns allen außerordentlich prekär!
Die Wege zum Studium sind recht unterschiedlich und dennoch übereinstimmend. Die 1952 beginnende Verwaltungsreform in der DDR gibt den gemeinsamen Anstoß. Zu ihrer Realisierung fehlen ausgebildete Ökonomen auf vielen Gebieten. Ihre Heranbildung ist dringend erforderlich. Deshalb werden junge, geeignete Menschen mit und ohne Abitur für das Studium der Ökonomie „gewonnen“. So werden Wilfried von der Kyffhäuserhütte Artern und Erika von der Deutschen Bank zum Studium an die Hochschule für Finanzwirtschaft in Babelsberg delegiert (1956 mit der Hopla in Karlshorst vereinigt).
Helga wird von Hans Modrow, damals FDJ-Kreissekretär in Köpenick, direkt der Rektorin der Hochschule Prof. Dr. Altmann empfohlen und von ihr zum Studium zugelassen.
Günter und Claus bewerben sich auf Anraten älterer Genossen zum Studium an der Hochschule. Undine erhält schlicht einen Parteiauftrag. Ja, so war das damals.
Auch grundlegende Erlebnisse im Studium verbinden uns bis heute dauerhaft. Wir beginnen es mit Freude und Dankbarkeit, sind wir doch die erste Generation unserer Familien, die eine höhere Bildung erwerben dürfen. Und wie wunderbar, all unsere materiellen Sorgen entschwinden. Wir erhalten ein Grundstipendium von 180 Mark und für einen relativ geringen Preis gute Unterkunft und Verpflegung. Wir können zum Duschen gehen statt uns in einer Waschschüssel zu reinigen, in der notfalls auch der Kartoffelsalat zubereitet wird. Also völlig neue, schöne Lebensumstände! Wir können uns ohne Existenzsorgen nur dem Studium widmen. Und wir nehmen es sehr, sehr ernst, arbeiten lange und hart. Das ist auch nötig, denn wir studieren „Das Kapital“, nicht unseres, sondern das von Karl Marx – alle drei Bände!!! Noch heute sind wir Freunde „unserer Eva“, wie wir sie eher freundlich, nicht despektierlich nennen, überaus dankbar.
Prof. Eva Altmanns Vorlesungen erläutern einfach, logisch und anspruchsvoll die Kerngedanken des Marx`schen Werkes. An ihnen hangeln wir uns durch den schweren und teils altmodischen Text. Nahezu jede Seite hält neue Fragen bereit, zum Beispiel was zum Donnerwetter ist die Expropriation der Expropriateure? Sind wir sehr verzweifelt ob der Marxschen Sprache, flüchten wir uns in Lachanfälle. Längst wissen wir, es ist die solide Grundlage unserer gesamten Ausbildung und durch dieses Werk lernen wir heute noch die Entwicklungen weltweit zu verstehen, oft sogar vorherzusagen.
Prof. Günter Söder lehrt uns in anschaulicher und auch fröhlicher Art und Weise das Denken in alle Richtungen kreuz und quer, das Erfassen von Ursache-Wirkung-Rückwirkung und dass Widersprüche lebensimmanent sind, ihre Lösungen die Entwicklung vorantreiben. Auch diese hat uns Freunde für immer geprägt und wird bis heute angewendet.
Bei weiteren Dozenten lernen wir etwas über den Materialfluss in einer Volkswirtschaft, wie man Statistiken anlegt und auswertet, die Kontenbewegungen in der Buchhaltung beherrscht, die Preise und Kosten kalkuliert. Nur über die Rolle des Gewinns können wir keine übereinstimmende Information erlangen!
Also, wir arbeiten viel. Wir leben aber auch sehr fröhlich im Chor (Undine), in der Tanzgruppe (Helga), im Kabarett „Satko“ (Erika und Günter) sowie beim Volleyballsport (Claus).
Zu Studienjahresbeginn helfen wir jedes Jahr den Bauern in Berlins Umgebung die Kartoffeln und Rüben vom Acker und die Pflaumen von den Bäumen zu holen. Geschlafen wird bei den Mäusen auf dem Stroh in der Scheune und gegessen werden Marmeladen- und Schmalzstullen aus dem Zeitungspapier. Ja, auch die Bauern sind nicht reich, aber ein kleines warmes Süppchen am Abend erkämpfen wir uns.
Mit wahrer Begeisterung leisten wir viele, viele Aufbaustunden im Tierpark Karlshorst, heben nahezu alle Gräben der Außenanlagen aus. Endlich bauen wir etwas auf und räumen nicht nur Trümmer weg. Noch heute erfreuen wir uns an „unseren Anlagen“, leider zu einem recht hohen Eintrittspreis.
Auch diese Erlebnisse verbinden unsere Familien bis heute. Dass sich die Freundschaft zwischen uns nach dem Studium entwickeln kann ist dem glücklichen Umstand geschuldet, dass wir alle Arbeit in Berlin erhalten. Wilfried und Günter arbeiten als Assistenten an der Hochschule. Helga, Erika, Claus und Undine beginnen ihre Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen der Wirtschaftspraxis.
Nach zwei Jahren kehren Erika und Undine an „ihre“ Hochschule zurück, weil Maiers Baby Andre keinen Krippenplatz erhält und Nitzsches Baby Frank nicht krippentauglich ist. Die Hochschularbeit bietet mehr zeitlichen Spielraum für die häusliche Betreuung der Kinder. Das erfordert eine straffe Organisation und eine hohe Arbeitsdisziplin. Es geht! Heute nennt man das „Home-Office“.
Wir Freunde wirken auf unterschiedlichen Gebieten unseres gemeinsamen, reichen Lebens und arbeiten mit Kraft und Hingabe an der Gestaltung unserer neuen Gesellschaft, die den ehemals Unterdrückten mehr Freiheit und allen ein sozial gerechteres Leben ermöglichen soll. Wir sind aktiv beteiligt am mutigen ersten Sozialismusversuch auf deutschem Boden.
Zu dieser Zeit erleben wir gemeinsam unsere beruflichen und familiären Entwicklungen. Wilfried habilitiert, wird zum Professor und zum stellvertretenden Leiter des Preisamtes berufen. Günter promoviert. Er, Helga und Claus arbeiten als stellvertretende Abteilungsleiter in der Staatlichen Plankommission. Erika und Undine habilitieren und arbeiten als Professorinnen an der HfÖ. Sie danken ihr eine ernsthafte und fordernde Frauenförderung, um Leistungen zu erreichen und nicht formal Quotierungen zu erfüllen. Der Anteil der Frauen bei allen Professoren ist wahrscheinlich an dieser Hochschule am höchsten.
Der Freundeskreis ist eine rege Diskussionsgemeinschaft und beratendes Gremium zugleich. Wir diskutieren Erfolge und Probleme des politischen, vor allen aber des ökonomischen Werdegangs der DDR. Unsere Debatten sind gleichermaßen auf Erkenntniszuwachs und Anregungen für eine wissenschaftlich orientierte Wirtschaftsführung sowie für eine praxisorientierte Forschung und Ausbildung der Studenten gerichtet. Wir legen in Theorie und Praxis hohen Wert auf die Beachtung von Interessen der Wirtschaftspartner und ihre friedliche Kooperation. Zu einer solchen Haltung sind wir von der Hochschule erzogen und nicht dazu, andere Völker zu Feinden zu erklären und Wirtschaftskriege zu führen.
Beratendes Gremium ist der Freundeskreis immer, aber manchmal auch Kampfarena bis die Fetzen fliegen, z. B. bei solchen Streitfragen, ob die Mieten erhöht, eine Blockflöte nur fünf Mark, der Spargel dagegen 18 Mark je Kilo kosten sollen. Ob es nicht notwendiger sei, Maschinen und Ausrüstungen anstelle von Konsumgütern zu importieren und sinnvoller, Forschung und Entwicklung auf die Wirtschaft anstelle auf den Sport zu konzentrieren.
Hochinteressiert und hellwach bringt jeder seine Meinung und seine Kenntnisse ein. Gleichberechtigt debattieren Männer und Frauen, Praktiker und Theoretiker, Große und Kleine, Laute und… Leise haben wir nicht.
Uns interessieren natürlich auch die Entwicklungen in unseren Partnerländern, in Europa, Afrika, Asien und Amerika, vor allem aber unter dem Aspekt möglicher ökonomischer Zusammenarbeit zur Sicherung friedlicher Koexistenz, denn wir sind Kriegskinder!
Kein Krieg – Krieg nirgendwo ist das Hauptmotiv des Handelns in unserem ganzen Leben. Das liegt uns umso mehr am Herzen, weil wir acht Kinder das Leben schenken, die wir als großes Glück und Herausforderung empfinden. Ihre humanistische Erziehung und hohe Bildung, ihr Leben in Frieden sind uns Herzensangelegenheit. Der Ideenreichtum und die unterschiedlichen Stile in der Erziehung kommen all diesen Rangen zu Gute. Wir tauschen uns aus, wie lang die Leine bei den heranwachsenden Jugendlichen zu halten sei und ob und wo es eine „rote Linie“ gebe. Oh ja! Auch hierbei lernen wir voneinander.
Unsere Kinder gehören untrennbar zu diesem Freundeskreis und sind altersgemäß in die Debatten einbezogen bis sie selbst erwachsen werden und ihre eigenen Lebenswege gehen.
Wir bilden all die Jahre eine optimistische und fröhliche Gemeinschaft. Wir feiern unsere Geburtstage zusammen, begrüßen viele „Neue Jahre“ gemeinsam, nehmen an den Hochzeiten der Kinder teil und in den späteren Jahren an unseren Ehejubiläen und den nicht zu entrinnenden „Altersjubiläen“, oh je! Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, wenn Claus zur Gitarre greift und Nitzsches zum Singen animieren, heute noch, wenngleich die Gesänge etwas weniger kraftvoll „geschmettert“ werden.
Unsere Tagungsorte sind anfangs sehr bescheiden. Maiers können in zwei winzigen Kämmerlein unterm Dach ohne Küche mit Klo im Keller besucht werden, Nitzsches können eine verkommene Küche und einen nicht erwärmbaren Wohnraum parterre anbieten. Sie wohnen gegenüber und können sich gegenseitig Dinge ausborgen, die der andere nicht hat, wie zum z. B. Waschtrog, Waschbrett, Windelkochtopf und anderes. Die erste Feier bei Schades findet in einer winzigen Einraumwohnung in Friedrichshagen statt mit einer wunderbaren Bowle aus dem …. Scheuereimer aber bei guter Aussicht und toller Stimmung. In den späteren Jahren wechseln die Tagungsorte zwischen Schades Datschengrundstück, Maiers Weinkeller und Nitzsches Doppelwohnzimmer
Auch die Getränke wechseln über die Jahre. In der Jugendzeit gibt es „Süßes“, in den besten Jahren „Hartes“ und „Trockenes“ im Seniorenalter. Selbstredend wird dazu „ordentlich“ gegessen, das ist ein bleibendes Relikt aus unseren Hungerjahren. Ein unerreichter Höhepunkt ist die gemeinsame Zubereitung von „Plow“ in Maiers Garten. Die Hilfsköche werden mit Wodka gestärkt, damit sie die Kraft aufbringen, Kilo von Fleisch, Mohrrüben und Zwiebeln zu schneiden und mit einem Riesentopf Reis zu vermischen. Mit großen russischen Holzlöffeln fallen wir über die riesigen Gemeinschaftsschüsseln her. Es ist ein Gaudi. Und natürlich wird dabei weidlich diskutiert.
Jahrelang gehen wir gemeinsam zum Tanz im großen Freundeskreis, wobei sich nur Maiers raushalten. Sie sind nicht so begeistert von dieser Bewegungsform. Alle anderen tanzen sich bei jedem Rhythmus lustvoll aus. Wir leben in jeder Hinsicht intensiv!
Im „Wendejahr“ rasen diese sechs Menschen, Mittfünfziger, wissens-, erfahrungs- und kraftgeladen im Eiltempo ihres Lebens einer Stoppmauer entgegen. Wir erleben Demos, Mauerfall und Chaos, die Bürgerbewegung und den Aufstand der Parteibasis, die Modrow- und die de Maizière-Regierung, das Feilschen von „Strickjackenbrüdern“ im Kaukasus um die deutsche Einheit und die Unterwerfung im DM-Rausch.
Zu vielen Debatten der Freunde müssen wir eigene Irrungen, Demokratiedefizite, unglaubliche Bespitzelungen durch Sicherheitsbehörden und das Desinteresse der Bevölkerung am Volkseigentum schmerzlich zur Kenntnis nehmen und uns schweren Herzens eingestehen, dass es grundlegende innere Ursachen für diese Entwicklung gibt. Wir werden beigetreten, mutieren von Brüdern und Schwestern zu „Ossis“ und werden wie sehr viele rausgeschmissen.
Zunächst in einer Warteschleife abgestellt, werden wir wenig später mit dem Trostpflaster Altersübergangsgeld in die Arbeitslosigkeit entsorgt. Unseren jüngeren Kollegen ergeht es noch viel schlechter. Kämpfen „in Abwicklung“ können wir nur noch mit und für die Studenten und Doktoranden für eine sinnvolle Beendigung ihrer Ausbildung.
Erschüttert erleben wir die Segnungen einer „Treuen Hand“. Wir können kaum glauben, dass die „Kenner und Lehrer“ der Marktwirtschaft eine ganze Volkswirtschaft auf den Markt werfen, ihr den Grund und Boden entziehen und sich dann wundern, dass die Preise beim Verkauf ins Bodenlose, oft auf die berüchtigte „1 DM“ sinken.
Unser Freundschaftsbund lässt sich durch diese Ereignisse nicht zerreißen. Wir sind uns einig, ein Verharren in Tatenlosigkeit kommt für uns nicht infrage. Wir bemühen uns um Arbeit, wenigstens zusätzliche im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. Jede Arbeit wird gemacht, denn Arbeit schändet nicht. Die wenigen sich bietenden Möglichkeiten werden genutzt.
Helga wird als Aushilfsaufsicht im Museum beschäftigt, macht wie immer alles interessiert und gründlich. Sie lernt noch viel über Geschichte der Malerei und Architektur und erläutert zur Verwunderung ihrer Leiter nach kurzer Zeit den Besuchern sachkundig die Exponate.
Günter geht zunächst in einen Ausstellungsservice für Automessen im In- und Ausland die Ausstellungswagen putzen und polieren. Später wird er stellvertretender Leiter des in München ansässigen Unternehmens.
Erika und Wilfried widmen sich Standortanalysen u. a. für den Autohandel IFA-Vertrieb und machen Vorschläge für deren Strategien beim Übergang in die Marktwirtschaft. Einige Studenten der HfÖ helfen, in Gesamtberlin und im Bezirk Frankfurt (Oder) Analysedaten zu sammeln und auszuwerten. Diese „Ehemaligen“ leisten heute anerkannte Arbeit bei Banken in Berlin, Frankfurt/Main und in Washington und halten enge Kontakte zur Familie Maier. 1995 wird Erika für die PDS in die Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf gewählt und leitet den Wirtschaftsausschuss. Gemeinsam mit anderen organisiert sie mehrere EU-Projekte zur Förderung der regionalen Wirtschaft, wofür sie 2006 das Bundesverdienstkreuz erhält.
Familie Nitzsche muss um den Erhalt des Daches über ihren Köpfen kämpfen. Claus wird zunächst Versicherungsvertreter für das Unternehmen Iduna, aber alsbald lernen ihn viele Karlshorster als ihren Hauswart kennen. Er sorgt für das „regelmäßige“ Einkommen, um den Zinsdienst für den Hauskredit dauerhaft zu sichern. Es klappt!
Undine findet sporadische Arbeit als Privatdozentin an diversen Weiterbildungseinrichtungen und bildet bis 2004 IHK-geprüfte Großhandels-, Außenhandels- und Bankkauf“männer“ und „frauen“ aus. Sie muss erleben, dass promovierte und habilitierte Wissenschaftler zu Kaufleuten umqualifiziert werden, ebenso immigrierte Ärzte! Das ist nicht erheiternd!
Aber einige Eberswalder Wurstkocher werden sich sicherlich noch lachend daran erinnern, mit welchen skurrilen Methoden sie ihnen Wechselkurse, Akkreditive, diverse Lieferbedingungen wie fob und cif und Vorwärts-Rückwärtskalkulationen der Außenhandelspreise verständlich macht. Auch aus dieser Tätigkeit gewinnen wir wieder Freunde.
Diese „Hochschulehepaare“ sind sich einig darin, eine ordentliche Lebensleistung vollbracht zu haben, sich nicht ins Abseits stellen und sich von niemand und durch nichts die Würde nehmen zu lassen. An der Zerstörung, Verschacherung und Schmähung der Schaffenswerke ostdeutscher Menschen werden wir niemals und nirgends teilnehmen. Diese Haltung gibt uns gegenseitig Mut, Kraft und Lebensfreude. Sie schmiedet die Freundschaftsbande noch fester.
Heute genießen wir als „Hochbetagte“ unsere bescheidene ostdeutsche Facharbeiterrente. Wir genießen sie guten Gewissens, haben wir doch zwei wichtige Kapitalgrößen eingebracht: die „Großimmobilie DDR“ und zwei Generationen Arbeitskräfte. Unsere Kinder und Enkel sind hoch qualifizierte, leistungsstarke, gesunde und unverkiffte Humanisten, die nicht nur für uns in die Rentenkasse einzahlen.
Wir reisen auch noch gern, teils gemeinsam, in andere Länder, lernen immer wieder Neues kennen und vervollkommnen unsere Anschauung über die Welt, oder doch die Weltanschauung?!
Auf der uns liebevoll vom Organisationskomitee des geplanten HfÖ-Treffens überreichten Erinnerungsmedaille steht der Marx-Spruch: „An allem ist zu zweifeln“.
Ja, ja und nochmals ja!
Aber: Wir bitten alle Nachgeborenen: zweifelt niemals daran, dass Kriege kein einziges Problem dieser Welt lösen, sie nur vermehren und verschlimmern. Zweifelt nicht daran, dass Liebe und Freundschaft ein Leben lang gestaltet werden können, was sehr glücklich macht.
Dereinst wird unser uneigennütziger, verlässlicher und fester Freundschaftsbund als glänzende Perle der Erinnerung auf den Grund unseres Lebenssee‘s sinken.